Whangarei – Kerikeri – 90 Mile Beach – Ahipara 371 km
Die Fahrt von Whangarei zur Bay of Island stand unter schlechten Vorzeichen. Das Wetter hatte sich in der Nacht zu einem echten Dauerregen gewandelt, wodurch am Morgen unser Campingplatz in Whangarei eher einer Schlammpiste glich. Der Regen sollte uns auch den gesamten Tag über begleiten.
Auf der Staatsstraße Nummer 1 fuhren wir also weiter Richtung gen Norden. Unser Ziel war die Bay of Island und der 90 Mile Beach. Kurz vor Kerikeri ereilte uns das gleiche „Leid“ wie in Australien. Schon die gesamte Autofahrt über waren die Steinschläge auf der Frontseite des Campers nicht zu überhören. Als sich im Augenwinkel dann ein großer Schatten vor mir auftat, krachte es erheblich an unsere Windschutzscheibe. Zuerst hatten wir das Gefühl, dass sich ein riesiger Stein direkt in den Innenraum durchgeschlagen hätte, doch es war „nur“ ein Steinschlag so groß wie ein Daumennagel. Sofort war uns klar, warum auch in Neuseeland eine Steinschlagversicherung angeboten wird! Nur gut, dass dieses Problem innerhalb kurzer Zeit gelöst werden konnte und der Steinschlag nun kaum mehr zu sehen ist.
Das schlechte Wetter sollte uns bis zum Abend begleiten. Auf einem Campingplatz in Kerikeri konnten wir erfahren, wie schnell sich kleine Bäche in riesige und reißende Flüsse verwandeln können. Ein Fehltritt hätte gelangt, um von den Wasserfluten davongerissen zu werden. Am nächsten Morgen war aus dem reißenden Wasserstrom wieder der normale Bach geworden und nichts erinnerte mehr an das Hochwasser vom Vortag.
Unter diesen Umständen freuten wir uns auf einen Besuch bei den Kerikeri Wasserfällen, die auch als „Rainbow Falls“ bekannt sind. Sie liegen am Kerikeri River tief im Regenwald, können jedoch auch über eine Straßenanbindung erreicht werden. Aufgrund der starken Regenfälle waren die Wanderwege geschlossen, so dass uns nur der kleine Rundweg direkt an den Wasserfällen blieb. Durch den Starkregen ergossen sich die schlammigen Wassermassen mit unüberhörbaren Getöse über die Felskante. Hinter den Wasserfällen befindet sich eine große Höhle, die einst einem ganzen Maori-Stamm als Zufluchtsort vor anrückenden Feinden gedient haben soll.
Von einem Freund hatten wir den Tipp bekommen, unbedingt den 90 Mile Beach zu besuchen. Alle Autovermieter in Neuseeland verbieten per Vertrag das Fahren am besagten Strand, so dass wir uns einer organsierten Tour angeschlossen hatten, die neben 90 Mile Beach auch Cape Reinga im Angebot hatte.
Cape Reinga ist der Ort, wo Südpazifik und Tasmanisches Meer aufeinander treffen. Sowohl das Kap als auch 90 Mile Beach liegen auf der Aupori-Halbinsel. An der schmalsten Stelle der Halbinsel liegen zwischen West- und Ostküste nur 10 km. Eine unbefestigte Straße führt die letzten 20 km von Te Kalo zum Cape Reinga, wo ein alter Leuchtturm das Kap als Wahrzeichen ziert. Von hier aus geht der Blick auf die Weite der beiden Meere hinaus. Meist weht an Cape Reinga ein stürmischer Wind, der sich bei Regen auch noch sehr kalt anfühlen kann, wodurch wir uns nur einige Minuten freiwillig an diesem Platz aufhalten wollten. Für die Maori hat das Kap eine mystische Bedeutung: Sie glauben, dass an dieser Stelle der Geist der Toten zurück in seine Urheimat „Hawaiki“ wandert.
Die Maori nennen den 90 Mile Beach „Te Oneroa O Tohe“ (der lange Strand von Tohe). Eigentlich misst dieser Strand keine 90 Meilen. Mit 64 Meilen oder 103 km ist er trotzdem beachtlich lang. Bei Sonnenschein – der leider kaum vorhanden war – muß der Sand dieses Küstenabschnittes unglaublich weiß erscheinen. Die hohen Dünen ragen einige Meter hoch in den Himmel und bieten einen wunderschönen Anblick. Durch den „Te-Paki-Stream“ fahren die Tourbusse direkt an den Strand und folgen diesen für knapp 75 km zurück nach Waipapakauri. Einige Wagemutige haben an diesem Strand schon ihr Auto eingebüßt. Keine Versicherung Neuseelands bezahlt einen Schaden oder gar Totalverlust des Autos an 90 Mile Beach. Kein Wunder, denn die Strömungen vom Meer, der lose Sand und das abfließende Wasser von der Halbinsel verwandeln diesen Strandabschnitt zu einer abenteuerlichen Piste, die schnell zum Alptraum für Autofahrer werden kann.