Von großen Steinen und Bäumen

Ahipara – Hokianga Harbour (Opononi) – Orewa 460 km

Von Ahipara und 90 Mile Beach setzten wir unseren Weg in Richtung Hokianga Harbour fort. Da unser Termin für die Fähre von der Nord- zur Südinsel in Reichweite kommt, beschlossen wir die Route durch Northland etwas zu verkürzen. Wir folgten der Westküste und gelangten über einige Nebenstraßen zum Hokianga Harbour, der als große Bucht oder Fjord beschrieben werden kann. Tief schneidet sich das Wasser in das Landesinnere und die Küstenlinie ist gesäumt von großen Mangrovenwädern, einsamen Sandstränden und riesigen Sanddünen. Hokianga Harbour wurde vom legendären polynesischen Seefahrer Kube benannt, der diesen Landstrich den Namen „Hokianga Nui O-Kube“ gab. Übersetzt bedeutet das soviel wie Startplatz von Kube. Angeblich soll Kube an dieser Stelle seine Erkundungsreise durch Neuseeland beendet haben. Früher war der Harbour wichtiger Umschlagplatz für die Holzindustrie, die hier einen großen Hafen beim Ort Kohukohu hatte. Nachdem aber die Vermarktung des Holzes eingestellt wurde, wurde es still um diesen Landstrich. Kommunen und Hippies nutzten die kleinen Orte des Hokianga Harbours als Rückzugsgebiet.

In der Nähe des kleinen Örtchens Wairere stießen wir auf ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Wairere Boulders Nature Park“. Wir folgten der Beschilderung für einige Kilometer und fanden uns wenig später in einem „Märchenland“ wieder. Zwei Schweizer Auswanderer haben in Eigeninitiative einen Rundwanderweg in einer geologisch interessanten Umwelt geschaffen. Über Brücken und Laufstege führt ein Wanderweg durch Wald, vorbei an einem rauschenden Fluss und zwischen unzähligen Felsformationen entlang. Die bizarren und riesigen Steine sind mit einer dichten Moosschicht überzogen und verleihen dem Ort zusätzlich einen besonderen Charakter. Von dem Schweizer Erbauer dieses Naturparks bekamen wir später auch noch den Tipp, dass am Hokianga Harbour riesige Boulders zu finden sind, die die großen Brüder der bekannten „Moeraki Boulders“ sein könnten, die auf der Südinsel Neuseelands zu finden sind. Und in der Tat, nach einer kleinen Wanderung am Strand entlang fanden wir die gigantischen „Murmeln“, die aus schlammigen Sediment der Urmeere entstanden sind. Im Kern dieser überdimensionalen „Murmeln“ befinden sich Pflanzenreste und Muschelstückchen. Mit einem Duchmesser von mehr als vier Metern sind diese Boulders Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit.

In der Nähe des kleinen Örtchens Opononi befindet sich eine riesige Sanddüne, die den Eingang zum Hokianga Harbour markiert. Sie erinnernt mit ihren Ausmaßen sehr an die großen Sanddünen des 90 Mile Beach, der einige Kilometer weiter nördlich bei Ahipara seinen Ursprung findet.

Eine weitere Attraktion dieses Landstriches befindet sich Unweit des Harbours, die Waldreservate Waipoua und Trounson. Einst waren große Teile Neuseelands von riesigen Urwäldern bedeckt, deren Baumbestand hauptsächlich aus den mächtigen Kauri-Bäumen bestand, deren Stammumfang 20 Meter erreichen konnte und die mit einer Höhe von über 50 Metern alle anderen Pflanzen des Waldes überragten. Die Bäume wurden während der Besiedlungsgeschichte Neuseelands Opfer des gierigen und unersättlichen Kolonialmarkts. Meist fanden sie Verwendung für den Schiffs- und Häuserbau. Später dann zapfte man die lebenden Bäume an, um aus ihnen den „Kauri-Gum“ zu gewinnen, der zu Farben und Lacke verarbeitet wurde. In 200 Jahren Besiedlungsgeschichte wurden über 2000 Jahre alte Wälder auf ein heutiges Niveau von 7.455 ha dezimiert, was weniger als 1% der ehemaligen Waldfläche Neuseelands entspricht! Das neu gewonnene Weide- und Ackerland war durch nährstoffarme Böden geprägt, welches der Landwirtschaft wenig Ertrag einbrachte. Noch heute leiden große Teile Neuseelands an ausgeprägter Erosion, die durch die Abholzung der Wälder hervorgerufen wurde.