Meinen Plan, den ich nicht wirklich hatte, hat es gestern gewaltig durchgewirbelt. Früh morgens noch wurde ich nach einer „angenehmen“ Nacht im mehr als stickigen Kabuff in Delhi wach. Nicht das das Zimmer eine Absteige gewesen wäre, doch die Luftzufuhr im beengten Raum war etwas knapp bemessen, so dass am Morgen Frischluft ein Fremdwort war. Kurz nach dem Aufwachen ab ins Taxi und zum Domestic Airport. Alles kein Thema. Und wieder zeigt sich, mit welch rasanter Geschwindigkeit sich die Gesichtszüge von Delhi verändert haben. Überall wird gebaut. Krise? Die scheint es zumindest im Bausektor nicht zu geben. Überhaupt strebt Indien derzeit nach den Sternen. Die Volkswirtschaft boomt und rasante Zuwächse am Markt sind in allen Branchen üblich. Unter den 1,2 Milliarden Indern gibt es unzählige Gewinner aber noch viel mehr Verlierer, die am Straßenrand mit ihrem Hab und Gut – kaum mehr als die Fetzen Kleidung am Leib – ihr Dasein fristen und auf ein paar Rupien von ihren Mitmenschen oder Touristen hoffen.
Am Flughafen klappt diesmal alles reibungslos. Mein Flug ist nicht überbucht, wie noch im Jahr zuvor. Keine endlosen Diskussionen oder anderweitige Pläne für den ungefüllten Tag. Der Weg ist klar: ab in den Flieger und nach vier Stunden und irgendwas in Bagdogra landen und weiter mit dem Jeep nach Darjeeling. So weit so gut! Doch hier wird der „Plan“ durchkreuzt. Bis zur Anreise nach Bagdogra ist alles klar. Ich spreche am Gepäckband eine Französin an: „Wollen wir uns einen Jeep nach Darjeeling teilen?“ „Klar, das hatte ich auch vor dich zu fragen.“ Also auf zum Taxistand. Zuvor erwähnt sie, sie hätte gehört, dass die Straße nach Darjeeling gesperrt sei. In Westbangalen und den nordöstlichen Provinzen gäbe es einen Streik. Wieder einmal geht es um die Unabhängigkeit der Provinz von Indien. Vielleicht würden keine Taxis dorthin fahren. Nun ja, ihre Aussagen bestätigen sich am Taxistand. „There are no Taxis to Darjeeling or Gangtok today. Maybe tomorrow.“ Also kein Taxi nach Darjeeling oder Gangtok. Wir könnten es morgen noch einmal probieren. Es fahren nur Taxen nach Siliguri. Mein Gott, diese furchtbar dreckige und laute Stadt, in die ich freiwillig nicht noch einmal zurückkehren wollte, sollte nun unser Endziel sein? Am Busbahnhof festigte sich mehr und mehr die Gewissheit, dass selbst die Busse nach Sikkim nicht fahren würden. Jedenfalls nur ohne uns, denn aufgrund des eingeschränkten Taxiverkehrs sind alle Busse ausgebucht, auch für die nächsten Tage. Also schaue ich blöd über den Markt, laufe hier und dort und treffe auf einen Inder der mich fragt, ob ich nach Pelling wollte. „Wieviel Leute kommen noch mit?“, ist seine Frage. „Vier“, antworte ich. Ich und Karo und die zwei Franzosen von Bagdogra, die ich ins Schlepptau genommen habe. Nun beginnen die Verhandlungen. Da die Straße nach Darjeeling durch Polizei und Armee gesichert wird, weil es immer wieder Proteste, Steinwürfe und brennende Jeeps gibt, haben die meisten Fahrer Angst, die Strecke zu bereisen. Der Preis für den Jeep ist hoch. Nach Darjeeling führt kein Weg und es macht auch keinen Sinn, weil bei Streik geht nichts mehr! Also bleibt nur Pelling in Sikkim. Sechs Stunden mit dem Jeep durch die Dunkelheit der Berge. Wir verhandeln hartnäckig und setzen uns mit einer trotzdem noch „überwucherten“ Preisvortsellung durch und fahren in weniger als sechs Stunden nach Pelling. Dort angekommen geht es ins „Blue Hills“ zu Deven und Devi vom letzten Jahr. Die Wiedersehensfreude ist riesig. Die Zimmer sind schnell bezugsfertig und der Willkommenstee und ein paar Kekse stehen rasch auf dem Tisch. Gemeinsam lassen wir noch den Tag Revue passieren und freuen uns auf eine geruhsame Nacht und abwechslungsreiche Tage in Sikkim.