Gestern wähnte ich mich nach meinem vorabendlichen Besuch einer Bar in Gangtok nicht auf eigenen Füßen. Wie Tommy Jaud in seinem Buch „Millionär“ so trefflich beschrieben hat, litt ich an einem sogenannten „Irak-Kater“, der schlimmeren Form des vorabendlichen Selbststudiums diverser einheimischer Spirituosen. Diese Art des Katers gaukelt einem vor, dass man sich wundervoll fühlen würde und man gar keinen so großen Schaden vom Barbesuch davongetragen hat. Im Laufe des Tages entpuppt er sich aber zum wahren Desater: Glaubte ich früh noch Bäume ausreißen zu können, stellten sich fast stündlich weitere körperliche Beschwerden ein. Totzdem buchte ich mir das Ticket für den Jeep nach Pelling, und kurierte meinen postalkoholischen Super-Gau während der Fahrt aus, was mir glücklicherweise gut gelang. Neben mir saß eine junge Frau, vermutlich aus Indien, so glaubte ich. Doch erst während der Fahrt realisierte ich, dass sie keine Inderin ist. In Pelling angekommen, trennten sich vorerst unsere Wege.
Pelling zieht sich entlang eines Bergrückens und zeichnet sich durch keinen wirklichen Ortscharakter aus. Vielmehr ist es eine Anhäufung von Hotels und Pensionen, die auf die vorwiegend indische Kundschaft eingestellt sind. Man trifft auf einheimische Touristen aus Kalkutta oder Mumbai, die sich den offenen Genuß von allerlei alkoholischen Getränken hingeben und bei guter Sicht nebenbei auch noch einen Blick auf das Khangchendzonga Bergmassiv werfen, sofern sie dazu noch in der Lage sind. Da aber im Moment eher schlechtes Wetter herrscht und man nur ab und zu überhaupt andeutungsweise die Berge erahnen kann, ist wohl der Alkohol der vorwiegende Spaß, den sich die indischen Touristen in Pelling geben. Es sei denn sie sind gerade angereist, dann wird erst einmal lautstark, für jedermann wahrnembar, die Glotze eingeschaltet, um anschließend noch weitaus lärmender in den Speisesaal voranzuschreiten, wo sich der Bauch im ersten Gang vollgehauen wird. Ist das Spektakel beendet, sieht der Speiseraum aus wie eine mittelalterliche Eventgastronomie nach erfolgreicher Nahrungsschlacht und der Trott wälzt sich zurück in die Zimmer, um entweder wieder lautstark in die Glotze zu starren oder noch lärmender eine Unterhaltung zu führen. Natürlich vergessen dabei die Inder nicht, noch schnell das Abendessen klar zu machen, denn pünktlich um halb neun lädt der zweite Gang zum lautstarken Abendprogramm. Dann noch zwei, drei Rum hinter die Binde gekippt, um später endlich ruhig in den Zimmern zu verschwinden, bis morgen früh der ganze Spuk wieder von vorn beginnt und man sich veranlaßt fühlt, die Gehörgänge mit schalldichten Ohrenstöpseln zu verschließen. Ja auch das ist Indien!
Beim morgendlichen Gang durch Pelling traf ich auf Efra, meine irrtümliche indische Sitznachberin im Jeep. Gemeinsam begannen wir den Tag mit einem Frühstück im indischen Schnellrestaurant und endeten in einem fünfstündigen Gespräch! Nachdem ich auch noch erfuhr, dass sie aus Israel stammt, da mußte ich meine bisherigen gesammelten Ansichten über Israelis wieder ins Lot bringen. Efra ist so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was ich bisher von jungen Leuten aus Isreal in Asien wahrgenommen habe. Sie war sehr glücklich darüber, wieder einmal erzählen zu können und das tat sie. Am Ende des Gesprächsmarathons war ich um einige Erfahrungen reicher und sie schnappte sich kurz entschlossen den Jeep Richtung Yuksom. Rastlose Füße!