Auf dem Weg nach Kalaw

In der Nacht machte ich erstmalig Bekanntschaft mit der berüchtigten Reisekrankheit. Am nächsten Morgen fühlte ich mich total erschöpft und ausgelaugt. Obwohl der Morgen mit einem grandiosen Frühstück in Taungoo im „Myanmar Beauty Guest House“ begonnen hatte, welches wir aber nicht wirklich genießen konnten, hatte ich den gesamten Tag über Probleme mit meinen Wohlbefinden. Am Abend zuvor hatten wir uns aufgrund schlechten Essens einige Bakterien zugezogen, die nun unseren Körpern zusetzten. Caro hatte weniger Probleme damit als ich. Mir setzte der enorme Flüssigkeitsverlust erheblich zu, so dass ich den gesamten Tag über auch noch mit meinem Magen zu kämpfen hatte. Doch die richtige Reiseapotheke linderte die Beschwerden bis zum Abend.

Auf dem Weg nach Kalaw machten wir die unterschiedlichsten Bekanntschaften mit öffentlichen Verkehrsmitteln und anderweitigen Fortbewegungsmitteln. Als ganz besonders einprägsam empfanden wir die Szene des Zuges. Bereits mehrere Minuten vor Ankunft der Bahn schlossen sich die Schranken am Bahnübergang, obwohl sich der Zug in der Ferne noch nicht abzeichnete. Doch alsbald folgte das bekannte Hupen der Bahn. Mit Schrittgeschwindigkeit näherte sich das Gefährt, welches jeder Fußgänger hätte gemächlich überholen können. Kein Wunder das niemand die geschlossenen Schranken als Grund für einen Stopp akzeptierte.

Eigentlich hatten wir uns in Yangon aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse für ein privates Taxi entschieden, um für 14 Tage durch Myanmar zu reisen. Anfangs konnten wir unsere Entscheidung aber nicht ganz nachvollziehen, da die Straße in einem sehr guten Zustand war. Ohne Probleme konnte jedes Gefährt auf ihr verkehren, ob nun schwerer LKW, Reisebus, Taxi, Ochsenkarren oder anderweitige abenteurliche Vehikel. Doch am Abzweig nach Kalaw änderte sich der Zustand der Straße erheblich! Aus dem zuvor asphaltierten Hauptweg durch Myanmar wurde plötzlich die gefürchtete Offroad-Piste! Schlagloch an Schlagloch, zersplitterter Asphalt und lose Steine. Dazwischen versuchten Einheimische die Straße zu flicken. Selbst Kinder waren bei dieser Arbeit mit einbezogen. In der größten Hitze schlossen sie die Schlaglöcher mit primitivsten Mitteln. Die Steine wurden mit der Hand ausgesiebt, um sie anschließend mit ein wenig Teer in den Schlaglöchern zu befestigen. Oft hatten wir das Gefühl, dass komplette Familien am Straßenbau beteiligt waren. Der Grund liegt vielleicht darin, dass die Regierung die Straße an private Firmen veräußert hat, damit diese sie reparieren können. In der Folge haben aber alle Benutzer regelmäßig eine Gebühr zu zahlen, die eigentlich in den Ausbau der Straße fliessen soll. Davon ist nicht an allen Stellen etwas zu sehen! Oft werden lediglich nur die Schäden der letzten Regenzeit behoben, ohne damit wirklich etwas an dem Zustand der Straße zu verbessern! Viel schlimmer ist aber die Tatsache, dass ein Großteil der Leute die Arbeiten nicht ganz freiwillig leisten. Teilweise werden ganze Familien zum Straßenbau durch das Militär gezwungen! Als Dank dafür erhalten sie täglich die klägliche Lohnentschädigung von 1.000 Kyat, rund 0,70 Euro.

Als wir durch eine bergige Region mit einem Fluss fuhren, sagte uns unser Fahrer, dass ursprünglich an jenem Fluss die Einheimischen nach Gold schürften. Als die Regierung dies aber erfuhr, wurde jedem untersagt, ohne teure Genehmigung der Tätigkeit weiterhin nachzugehen. Mit allen Mitteln unterdrückt das Millitär das Bestreben der Menschen nach Unabhängigkeit und eventuellen Einkommensverbesserungen. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Neubau von ganzen Städten und Siedlungen, die allein für das Millitär errichtet werden. Der Grund liegt in der Furcht der Regierung vor Konflikten zwischen dem Millitär und der einheimischen Bevölkerung.

Nachdem wir den „Goldschürferfluss“ passiert hatten, führte uns der Weg auf einer unwegsamen Straße weiter in die Berge. Zwischenzeitlich mussten wir mehrfach einen Halt einlegen, da die Straße abgerutscht war! Den Grund dafür konnten wir nach der nächsten Biegung erfahren: Selbst die schwersten LKWs und Busse benutzen die Piste, um von Yangon aus nach Kalaw oder zum Inle Lake zu fahren. Uns beängstigte die Vorstellung, wie es wohl an solchen Passagen bei einer 18-stündigen Nachtfahrt mit dem Bus von Yangon aus abgegangen wäre! Durch die extreme Trockenheit sind die Wälder und Wiesen sehr anfällig für Feuer, die es an einigen Stellen immer wieder zu sehen gibt. Für Myanmar sind diese Feuer aber während der Trockenzeit eine normale Erscheinung. Für uns allerdings nicht! Bei einem weiteren unfreiwilligen Halt stand plötzlich hinter unseren Fahrzeug ein Tankwagen voll mit Benzin. Zwei Meter neben dem Tankwagen brannte ein Feuer… Glücklicherweise brauchten wir nur einige Sekunden dem Spektakel zu folgen, da sich alsbald der Stau vor uns auflöste.

Nach ca. 8 Stunden Fahrt mit dem Auto kamen wir sicher und doch entspannt in Kalaw an. Dank der vielen Freunde von Salim (unser Taxifahrer) schlafen wir nun in einem sehr schönen Guesthouse für weitaus weniger Geld als veranschlagt. Ein weiterer Freund von Salim wird uns Morgen auf einer Tageswanderung durch die Bergwelt von Kalaw begleiten.